Schatten

Eine Funktionsuntersuchung sollte es sein. Eine Kleinigkeit, nur um ein oder zwei Dinge ausschließen zu können. Es gab keinen Grund davon auszugehen, daß irgendetwas gefunden würde, schließlich ging es um ganz andere Beschwerden.

Und dann waren da unerklärbare Schatten.

Eine zweite und dritte Meinung wurde eingeholt. Es war keine klare Aussage möglich, keine der Vorgeschichten ließ Rückschlüsse zu. Vermutungen sollten nicht angestellt werden, also wurden weiterführende Untersuchungen eingeleitet.

Drei Tage lang, wegen unerklärbarer Schatten.

In den Vorbesprechungen und Aufklärungsgesprächen wurden Details zusammengetragen. Waren das auch alle Vorgeschichten? Gab es nicht vielleicht doch noch etwas? Jede noch so unwichtig erscheinende Information würde helfen.

Die Schatten könnten alles sein – oder nichts.

Man würde Proben entnehmen müssen, würde die Untersuchungsergebnisse kombinieren und in größerer Runde diskutieren müssen. Nein, es ist nicht auszuschließen, daß er nie ganz weg war, daß er unbemerkt gestreut hat – oder einfach übersehen wurde.

Sehr schwarze, heimtückische Schatten.

Eine Dekade ist gar nichts. In Sekundenbruchteilen sind Schmerzen und Ängste wieder da. Bis die Ergebnisse vorliegen und bewertet werden können, wird es ein, zwei Wochen dauern. Zeit der Ungewissheit, Zeit des Bangen. Zeit der Hoffnung?

Die Schatten sind da – und legen sich über alles. Schon wieder.

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Nebel

Mit fast schon eisiger Kälte umspült das Wasser meine Füße, meine Knöchel, doch zumindest spüre ich noch etwas wie festen Boden unter mir. Wie Vorhänge ziehen die Nebelschwaden, blendend weiß und schier undurchdringlich. Das Brechen der Wellen und der Klang meiner Stimme ist alles, was ich höre.

Du bist dort draußen. Das weiß ich. Das spüre ich. Manchmal ist mir, als würde ich Dich erahnen können, trotz allem, was zwischen Dir und mir ist. Im nächsten Moment – nichts. Eine Täuschung? Ist da noch jemand? Blendend weißes Nichts über alles verschlingender, nasser Ewigkeit.

Noch ist da etwas, das mir Halt gibt, auch wenn ein eisig-nasser Griff nun schon an meinen Knien zerrt. Natürlich könnte ich umdrehen, noch wäre es ein Leichtes, doch wohin würde ich zurückkehren? Was würde ich finden, könnte ich damit leben? Ein Neuanfang hinter mir, ein Neuanfang vor mir.

Ich bin kein Fels, bin keine Insel, doch ich bin da, für Dich da. Und Du bist irgendwo dort draußen, gehalten von Kräften aus Welten, die mir noch unbekannt sind. Es geht nicht um Versprechen, es geht nicht um Worte. Es geht um Menschlichkeit, um Ehrlichkeit – und ein Meer aus Gefühlen und Gedanken.

Es geht um Dich.

Als das Element bis über die Hüften reicht, zieht es mich fort, zieht es mich hinaus. Ich lasse mich treiben, die suchenden Blicke in die vorbeiziehenden Nebelschwaden gerichtet. Alles ist neu, alles ist unbekannt, und doch fürchte ich mich nicht. Meine Sorge gilt nicht mir, schon lange nicht mehr, sondern Dir.

Ein Blick zurück macht klar, daß eine Umkehr sinnlos ist; nicht, weil es nicht mehr möglich wäre, sondern vielmehr, weil es nichts mehr gibt, zu dem zurückzukehren es sich lohnen würde. Und so halte ich weiter Ausschau nach Dir, lasse mich treiben. Wer einmal wem eine Hilfe sein kann, das wird sich zeigen.

Wenn sich die Nebel lichten.

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Haltlos

Der erste Urlaub seit Jahren. Eine ganze Woche lang an einem anderen Ort, unter anderen Menschen, ganz ohne Bezug zur Arbeit. Schon nach den ersten Stunden war ich raus aus dem „Loop“: Keine Nachrichten im Fernsehen, keine Schlagzeilen im Internet, keine Abhandlungen in Zeitungen. Der Rest? In kleinsten Dosen.

Aber eben auch raus aus der vertrauten Umgebung. Ich gehöre zu denen, für die Anker, Fixpunkte und Rituale im Alltag eine echte Hilfe im Umgang mit der Depression sind. Zwar ahnte ich, was auf mich zukommen könnte, doch ich schätzte das Restrisiko als beherrschbar ein. Manche Ideen sind überwältigend.

Ich war naiv, vielleicht auch durch Hoffnungen und Wünsche angetrieben, und in Anbetracht des (für meine Verhältnisse) doch relativ langen Zeitraums einfach nicht auf das vorbereitet, was mich erwartete, oder besser gesagt, auf was ich mich mit dem Urlaub, mit der Reise eingelassen hatte.

Aus Angst davor, auch in dieser neuen Umgebung wieder in alte Verhaltensmuster zurückzufallen, machte ich regelmäßig genau die Schritte, vor denen ich mich fürchtete. Ich fühlte mich lebendig, als Durchreisender doch irgendwie angenommen – und angekommen. Es gab menschliche Begegnungen (teils erhoffte, teils zufällige), die dabei halfen, den Fokus der Gedanken deutlich zu verschieben.

Wie ein Ritt auf einer Welle.
Unerwartete Höhen und Tiefen.
Mit einem Strand als Ziel.
Alte oder neue Ufer?

Wieder in der Wohnung angekommen, wurde ich mir meiner Rastlosigkeit, meiner Haltlosigkeit deutlicher als zuvor bewußt. All das Bekannte, all die bald wieder einsetzende Routine, die vielen wohlbekannten Kleinigkeiten waren mit einem Mal nur abgenutzt und leer, einiges erschien mir sogar fremd und abstoßend.

Etwas hatte sich geändert.
Hatte ich mich geändert?
Oder sah ich nur etwas anderes?
Was sah ich, was sehe ich?

Viele sagten oder schrieben bereits, daß Reisen Menschen verändern können, daß Reisen durchaus auch das Potential haben, daß man über sie zu sich selbst finden kann – oder sich selbst eben über sie verliert. Was ich gefunden habe, kann ich nicht in Worte fassen, vielleicht noch nicht.

Es fühlt sich nicht mehr richtig an in dieser Welt, in die ich zurückgekehrt bin, in die ich zurückkehren mußte. Die Welt, aus der ich komme, fühlte sich in der einen Woche, fühlt sich auch jetzt noch richtiger an, als das, was mir so lange Halt, Sicherheit und Geborgenheit bot.

Ich sehe aus dem offenen Fenster, sehe wie sich die Bäume im Wind wiegen, höre das Rauschen des sommergetrockneten Laubes, das sich noch nicht von den Ästen löst, noch nicht lösen kann. Es ist ein warmer Wind, der vor sich hertreibt, was keinen Halt mehr hat.

Der Wind weht nach Nordosten.
Ich kam gegen den Wind zurück.
Nun fühle ich mich als Fremder.
In der Fremde meines Zuhauses.

Die Gedanken steigen auf, einem Drachen gleich, stehen im Wind und steigen höher und höher. Ob sie mich tragen, wenn ich nur genügend von ihnen aufsteigen lasse? Ob sie mich tragen, wenn ich sie nur im Auge behalte und mich an ihnen festhalte? Kann ich anderes loslassen, um mich mitreißen und forttragen zu lassen?

Kann etwas Totes Halt geben, auf Dauer ein Anker sein? Ich sehe mich um, fühle hin, und was mir noch vor ein, zwei Wochen eine Angel meiner kleinen Welt war, erscheint nun leblos und morsch. Ich blicke zurück, erinnere mich der kleinen Momente und fühle mich lebendiger. Doch das ist alles dort – nicht hier, nicht bei mir.

Akzeptieren, verändern oder verlassen. Dem plötzlich verlorengegangene Halt nachgeben und treiben lassen? Doch in welche Richtung? Zurück an die Orte, an denen ich mich zuletzt lebendig, willkommen und, ja, angekommen fühlte? Oder hin zu (nicht) gänzlich neuen, doch bisher nie erreichten Gefilden, dem Versprechen folgend, daß dann wirklich alles zurück bleibt?

Den ultimativen Schritt wagen.
Enge und Zwänge verlassen.
Das braucht Mut – und Freiheit.
Das braucht etwas, das fehlt.

Dann also doch viele kleine Schritte, einer nach dem anderen, um zwar zu verlassen, was nicht verändert und nicht mehr akzeptiert werden kann, und dabei doch nur so weit gehen, daß da wieder etwas wie Leben ist – sich auf Menschen einlassen, die Halt und Zuversicht allein dadurch geben, daß es sie gibt, allein dadurch, daß sie da sind.

Den Gefühlen der Haltlosigkeit und der Rastlosigkeit durch Veränderung begegnen. Vielleicht etwas, das beinahe schon überfällig ist, wenn ich zu mir selbst ehrlich bin und auf meine inneren Stimmen höre. Nur etwas mehr Mut, um ein etwas größeres Risiko einzugehen. Ab und zu muß man ein Risiko eingehen.

Und vielleicht ist da sogar tatsächlich…
Eine Hand.
Ein Mensch.
Ein Leben.

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Licht

Nur noch einmal für einen anderen Menschen
heller leuchten als jedes andere Licht.

Nur noch einmal brennen für jemanden,
der Wärme und Geborgenheit sucht.

Nur noch einmal dabei helfen können,
wieder zurück ins Leben zu finden.

Nur noch einmal jemandem schenken können,
was mitzunehmen unmöglich bleiben wird.

Nur noch einmal, bevor es an der Zeit ist,
das eigene Licht für immer zu löschen.

Ein letztes Mal ein Licht sein.

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Wertvoll

Dir meine Hände sanft,
zärtlich und mit Respekt auf
Deine warmen, weichen Wangen
legen.

Dich spüren, durch und durch,
Dir in Deine klaren, hellen
und doch so traurigen Augen
blicken.

Mich in Dich sinken lassen,
tief und furchtlos,
Dich sehen, Dich annehmen,
im Hier, im Jetzt.

Dich wirklich, wahhaftig sehen,
Dich sein und wirken lassen,
mich sein und wirken lassen,
bedingungslos.

Dir all die Zeit geben,
alle langen Augenblicke,
Deine Wangen in meinen
Händen.

Dir all die Freiheit geben,
die Nähe Dir geben kann,
ganz in Ruhe warten:
auf Dich.

Dir so nah sein, wie
Du es zulassen kannst,
Du es ertragen kannst,
irgendwie.

In dieser Unendlichkeit eines
gemeinsamen Augenblickes
Dir mit Herzens- und mit
Seelenworten

Gedanken schenken, immerzu,
die Dich erfüllen sollen,
jederzeit, ganz und gar und
berauschend:

Du bist einfach herrlich,
Du bist genau so gut,
genau so richtig wie
Du eben bist.

Und nichts von dem, was
ich für Dich tue oder was
ich Dir sage nehme ich
zurück:

Alles gehört gänzlich Dir,
denn es ist so, ist wahr!
Du bist einzigartig und
wertvoll.

Meine Hände ruhen sanft auf
Deinen Wangen, mein Blick in
Deinem Blick: Unendlichkeit
im Jetzt, im Hier.

Einzigartig und wertvoll,
eben ganz und gar Du:
genau gut und richtig.
Wertvoll.

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Unterwegs

Der Koffer steht gepackt im Flur. Die Pflanzen sind (erst einmal) versorgt. Die Wohnung ist soweit „reisefest“. Und ich habe den Blues. Es ist kein Sonntagsblues, auch wenn das am nächsten liegen würde. Es ist der Blues, der mich vor jeder längeren Reise überkommt.

Ich lebe gern in meiner Wohnung. Sie ist sowas wie ein Anker für mich, einer von vielen. Hierher zurückzukommen tut mir immer wieder gut. Mal erlebe ich das bewußter, nach Wochenendtrips beispielsweise, mal weniger bewußt, wenn ich von der Arbeit zurückkomme.

Hier habe ich meine Wege, kümmere mich um dies und jenes, und auch wenn ich über den Tag (außer am Morgen vielleicht) keinen wirklich festen Rhythmus in dem habe, was ich tue, ist dieser Platz zur Zeit etwas Besonderes für mich – und ich verlasse ihn sehr ungern.

Doch gleich geht es los, erst einmal für eine Woche zu einer Schulung. Entschärfend wirkt, daß es zu meinem Stammschulungshaus gehen wird, daß ich in meinem Stammhotel untergebracht bin. Wiedererkennung: Wege, Menschen, Umfeld – wenigstens nicht völlig fremd.

Nächste Woche um diese Zeit bin ich schon weit weg von meiner Wohnung, voraussichtlich schon innerhalb der Bannmeile von Berlin. Aus welchen Gründen ich mich heute schon damit beschäftige, weiß ich auch nicht, wo es doch noch eine Woche hin ist.

Keine bekannten Wege. Keine bekannten Menschen. Keine bekannten Rhythmen. Alles neu, alles anders, alles fremd. Angst macht es mir nicht, nicht direkt. Respekt habe ich natürlich, doch soweit ich das abschätzen kann, bin ich recht gut vorbereitet.

Bis ich dann vor Ort bin. Es geht nicht mal eben zurück. Wenn im Kopf wieder einmal eine Sicherung durchbrennt, dann werde ich auf mich allein gestellt sein. – Daß ich mir darüber überhaupt Gedanken mache, ist in sich schon wirr genug.

Es ist gut, daß beide Reisen gebucht und bezahlt sind. Noch ein paar triftige Gründe mehr, nicht kurz vorher zu kneifen. Und es sind weitere Chancen mir selbst zu beweisen, daß ich wieder lebensfähig bin, daß ich mit dem Leben wieder zurecht komme. Irgendwie.

Der Koffer steht gepackt im Flur. Ein Blick auf die Uhr macht mir klar, daß ich langsam aber sicher aufbrechen sollte. Alles wird besser sein, sich richtiger anfühlen, wenn ich erst einmal angekommen bin und eingecheckt habe. So ist es bisher immer gewesen.

Ich werde losfahren müssen um herauszufinden, ob es auch dieses Mal so ist. Und ich werde auch kommende Woche losfahren und sehen, ob es sich anders anfühlen, sich anders entwickeln wird. Ich werde losfahren müssen, ich werde loslassen müssen.

Ich bin unterwegs.

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Feuer

Vieles ist unausgesprochen,
wird es auch bleiben.
Wie lange wohl noch?
Es gehören zwei dazu.

Du gehörst nicht zu mir,
doch das ist egal,
zumindest dem Herzen
und meinen Gefühlen.

Es steht mir nicht zu,
Dich oder was Du tust
in Frage zu stellen
oder zu hinterfragen.

Der Kopf weiß das genau,
und doch brennt es
irgendwo tief in mir,
heiß und lichterloh.

Angst.
Trauer.
Sehnsucht.
Hoffnung.

Du gehörst nicht zu mir,
und doch brennt da
neben dem Verlangen
auch die Eifersucht.

Zu schnell.
Zu weit.
Zu viel.
Allein.

Die Gedanken rasen mit
dem Herzen um die Wette,
und in mir brennt heiß
ein Feuer.

Es wird mich verzehren,
soviel steht fest.
Welche Flamme jedoch,
das wird sich zeigen.

Es kommt nicht in Frage,
jetzt zurückzuweichen.
Wärmen soll es mich,
das Feuer.

Und vielleicht
wärmt es auch Dich.
Wenn nicht jetzt,
dann irgendwann.

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Außen vor

Manche Dämonen wird man niemals wirklich los, ganz gleich, was man unternimmt, ganz gleich, wie sehr man sich bemüht. Sie nähren sich von Ängsten, die mit ihren Wurzeln bis tief in die eigene Seele reichen. Solange man stark ist und gewappnet fühlt, sind sie nicht sichtbar, denn sie lauern im Schatten. Und sobald die Chance da ist, man eine Schwäche zeigt und verwundbar ist, treten sie vor und ergreifen Besitz von Körper und Gedanken.

Lange habe ich mir erfolgreich einreden können, daß nicht Schlimmes daran ist, wenn ich allein bin, wenn ich zu nichts und niemandem dazugehöre. Nach einem verheerenden Rückschlag vor über einem Jahr hatte ich mich wieder gefangen und aufgerappelt, irgendwie. Gedanken an Gefühle wie Einsamkeit oder daran, daß ich mir ausgeschlossen vorkommen könnte, glaubte ich, wenn schon nicht überwunden, doch zumindest im Griff zu haben.

Doch dann fallen Zuneigung, Wünsche, Hoffnungen und Sehnsüchte plötzlich, wie aus dem Nichts auf den fruchtbaren Boden neben der niemals ganz erloschenen Glut im Innern, und Gedanken schaffen es, daß es hell und luftig genug wird, daß diese Saat Wurzeln schlägt und zu wachsen beginnt. Vollkommen unvorbereitet breitet sich auf einmal etwas wie neues Leben in einem aus, und mit ihm kehren allerlei Gefühle zurück.

Die rückkehrenden Gefühle machen die so mühsam geschmiedete Rüstung eng, denn was da im innersten ist, will wachsen, braucht mehr Raum, mehr Licht, mehr Wärme – braucht Nähre, braucht Menschen. Doch mit den Gefühlen ist auch der Weg bereitet für die Rückkehr der Ängste, der Dämonen, und der Kampf beginnt: Der Kampf zwischen den Erinnerungen an schmerzhafte Erfahrungen, die man nicht schon wieder erleben möchte, und all dem, was da plötzlich wieder ist, und dem Leben etwas von seinem Wert zurückzugeben versucht.

So geschieht es, daß beinahe im gleichen Maße, wie die Öffnung für das, was rundherum passiert, voranschreitet, auch die herbe Realität sich ihren Weg zurück ins Bewusstsein bahnt und beängstigende Gefühle auslöst. Da ist nichts und niemand, zu dem ich passe, der meine Bemühungen unterstützt, würdigt oder gar fördernd annimmt. Es gibt keinen Anschluß, ich gehört nirgendwo dazu, passe nirgendwo hinein, und es wird klar: Ich war, bin und bleibe außen vor.

Das Leben geht weiter. Immer. Irgendwie. Doch mit den Ängsten werden auch die Stimmen der Dämonen wieder deutlich hörbarer. Für wen und wozu das alles? Reichen nicht die Narben, welche die Rückschläge und Verletzungen bisher schon auf Herz und Seele zurückgelassen haben? Sind nicht sogar einige von ihnen noch gar nicht richtig verheilt? Für wen und wozu das alles? Ist es das wert? Ist da jemand, der es wert ist? Wozu sollte ich es mir selbst wert sein?

Außen vor, ohne Anschluß. Niemand, der zuhört, niemand, der auch nur versucht zu verstehen. Kein Halt, keine Sicherheit. Kein Mensch oder gar ein Netz von Menschen, nichts, was mich auffangen könnte, sollte ich – wieder einmal – straucheln und fallen. Wird es diesmal am Ende der eine Sturz ins Bodenlose sein? Und wenn schon, wer würde es merken: Ich war, bin und bleibe außen vor.

Ich stehe am Rand, schaue zu, ohne mitwirken zu dürfen. Doch ich gehe nicht weg: Ich werde es weiterhin versuchen, auch wenn ich dieses Mal wieder außen vor bleiben sollte. Da wird immer Platz für Zuneigung, Wünsche, Hoffnungen und Sehnsüchte sein, irgendwo, und die Glut wird niemals ganz erlöschen, zumindest nicht so bald… Eine der Hoffnungen, vielleicht die große Sehnsucht – oder die größte aller Illusionen.

Doch Illusionen werden mir keine Hand reichen. Und wer weiß: Eines Tages ist sie vielleicht endlich da, diese eine Hand. Dann hoffe ich, daß ich sie sehen, sie erkennen kann, wie ich den Menschen sehen und erkennen kann. Und ich hoffe, daß ich dann noch die Kraft haben werde, diese Hand zu ergreifen. Denn dann werden es die Ängste sein, die außen vor sind – wo sie hingehören.

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Wiedergeburt

Der erste richtige Urlaub seit fünf, wenn ich ehrlich bin seit sechs Jahren steht vor der Tür. Eine Woche raus, von Sonntag bis (mindestens) Sonntag. Eine Woche für Neues: Neue Gegenden, neue Eindrücke, neue Erfahrungen, mit etwas Glück sogar neue Menschen. Eine Mischung aus nervöser Vorfreude und unterschwelliger Angst erfüllt mich – mit jedem Tag, den der Reiseantritt näher rückt, ein Stück mehr.

Ein weiterer Aspekt ist neu für mich: Es ist der erste Urlaub, den ich (weitestgehend) allein verbringen werde. Alle bisherigen Urlaubsreisen, ganz gleich ob kurz oder lang, konnte ich entweder mit einer Begleitung unternehmen, oder ich hatte Bekannte bzw. Freunde im „Zielgebiet“, denen die Reise dem Grunde nach galt. „Betreutes Reisen“ sozusagen, zwar ohne doppelten Boden, aber doch mit einer Art von Netz, das eine gewisse Sicherheit bot.

Dieses Mal ist vieles anders, wird vieles anders sein. Der Mensch, der mich früher begleitete, teilt sein Leben nicht mehr mit mir. Es wird kein Empfangskomitee und kein mit „fremder“ Hilfe geplantes Rahmenprogramm geben. Das Hotelzimmer wird voraussichtlich die einzige Konstante sein, wobei ich irgendwo hoffe, daß ich mich werde aufraffen und mehr sehen können, als nur diese Räumlichkeiten. Und abgesehen von dem, was ich mir so angelesen habe, weiß ich so gut wie nichts über das Reiseziel.

Ob es nicht meine Natur ist, kann ich gar nicht sagen, doch bin ich kein Mensch, der den Reiz des Ungewissen sucht. Auch spielt die Gesundheit eine nicht zu unterschätzende Rolle; die Angst vor der Angst und vor der Antriebslosigkeit steht schon bereit, das merke ich sehr deutlich. Die Entscheidung, diese Urlaubsreise zu machen, und die (bisherigen) Vorbereitungen für diesen Urlaub zu treffen, haben viel Kraft und auch einiges an Überwindung gekostet.

Immerhin habe ich mich erfolgreich um eine Bleibe und um Hin- bzw. Rückreisegelegenheiten kümmern können. Ich bin so verwegen, das ganz groß auf der Plus-Seite zu vermerken. Vielleicht bin ich ja doch nicht (mehr) der hoffnungslose Fall, für den ich mich lange hielt und noch immer irgendwo halte. Nach dem persönlichen Absturz, den ich im vergangenen Jahr erlebte, bin ich tatsächlich sogar ein wenig stolz auf mich, daß ich mich zumindest schonmal bis hierher vorgearbeitet habe, mich vorarbeiten konnte.

Vielleicht wird dieser erste richtige Urlaub nach dem Erlebten der vergangenen Jahre, nach dem Erlebten des vergangenen Jahres im Besonderen, eine Art von kleiner Wiedergeburt. Eine sehr kleine, das mag sein, und von sowas wie Selbstfindung oder etwas in der Art möchte ich erst gar nicht anfangen. Die Art zu reisen wird in dieser Form eine kleine Wiedergeburt sein, frei zu sein von den (meisten) Zwängen des Alltags ebenso. Und wer weiß, vielleicht hilft mir meine Naivität und Neugier auch noch etwas weiter.

Offen sein, mich öffnen – für neue Herausforderungen, neue Erfahrungen, neue Eindrücke, neue Menschen. Wenn mir das gelingt, wenn ich das schaffe, wer weiß, was dann vielleicht noch alles wiedergeboren wird. Einige Träume, Hoffnungen und Sehnsüchte werde ich im Gepäck haben. Mal sehen, wie schwer sie wiegen, was davon ich gerade so wieder mit mir zurück bringe, und was davon ich werde eintauschen können…

Für Augenblicke, Stunden, Tage, oder vielleicht sogar ein Restleben.

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Irgendwann

„Wir werden irgendwann wieder miteinander reden können.“ Das war der vorletzte Satz. Und dann war da – Funkstille.
Ab und zu gab es sowas wie Hintergrundrauschen, doch davon abgesehen: Stille. Wie erbeten, wie versprochen.

Stille. Quälend, erfüllt von Trauer, Selbstmitleid und Selbstzweifel.
Stille. Harte, oftmals schmerzliche Erkenntnisse und Einsichten.
Aber auch Aussichten, Hoffnung: Ein dürrer Strohhalm nach dem anderen.

408 Tage später war dann Irgendwann.

Neue Regeln bei alter Vertrautheit, neue Versprechen – erbeten und gegeben mit Rücksicht und Respekt.
Manche Menschen sind fast alles Wert, denn sie sind unendlich, unbeschreibbar wertvoll – tief aus ihrem Inneren heraus.

Irgendwann? Ich kann warten. Ich war da, und ich habe die Narben, um es zu belegen.
Irgendwann? Die Zeit nehme ich mir, denn ich weiß, daß ich es kann. Irgendwie.

Jederzeit.

Meine Hand darauf.
Greif nur zu.

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